03.07.2020
"Übrigens..."

Durst nach Normalität

Elia, der große Prophet, hat sich mit seinem Eifer völlig verrannt. Ausgebrannt, kraftlos, traurig liegt er nun da. Geht mir auch manchmal so, auch wenn ich kein Prophet bin. Keine Kraft mehr, um alle Corona-Regeln einzuhalten. Ausgebrannt unter einer heißen Sonne mit Durst nach Normalität. Traurig, weil ich fürchte, dass da noch was kommen könnte. Wenn ich zaubern könnte, welche Wirklichkeit würde ich mir erschaffen? Ach, wenn nur ein Engel käme und ich hätte einen Wunsch frei…

Elia wird tatsächlich von einem Engel Gottes berührt. Vor ihm Brot und Wasser. Und knappe Worte: „Steh auf und iss, dein Weg ist weit.“ Eine Begegnung, die mir von Gottes ehrlicher Fürsorge erzählt. Manchmal ist meine Situation vertrackt, schwierig, und kräftezehrend. Eine Durststrecke. Das muss ich mir nicht schönreden. Das wird auch nicht besser, wenn ich irgendwas leugne. Der Weg ist weit – das heißt aber auch, dass es einen Weg gibt! Und Gott gibt Elia und mir durch einen Boten das, was ich am meisten auf weiten Wegen brauche. Brot für meine Seele und Wasser gegen den Durst.

Denk ich genau darüber nach, so verstehe ich vielleicht die Botschaft hinter dieser Geschichte: Ich kann selbst ein Bote Gottes sein! Ich kann dem, der Durst leidet, von meinem sprudelnden (oder manchmal eher plätschernden) Wasser geben. Und von dem Brot, das mir gegeben ist – meiner Hoffnung, meiner Stärke, meiner Freude – können viele Seelen satt werden. In der Sprache der Bibel sind Bote und Engel übrigens dasselbe Wort.

Torben Linke,
Pfarrer in Bad Liebenwerda