21.05.2021
Luthermomente im Unterricht
Meine Schüler betrachten den Ausschnitt eines Holzschnitts... Ein Beitrag von Roland Weyrowski.
Er zeigt einen Engel mit weiten Flügeln, die Hände hält er wie ein Dirigent. Nachdem sich die Mädchen und Jungen einige Momente in das Bild vertieft haben, führen sie einen vorgegebenen Satz zu Ende: „Ich sehe einen Engel, der …“ „… der aufpasst.“ „… der die Menschen beschützt.“ Dann sehen sie den gesamten Holzschnitt. Es sind „Die apokalyptischen Reiter“ von Albrecht Dürer. Jetzt erscheint der Engel als Regisseur über vier Reitern, die Krieg, Teuerung und Tod über die Erde bringen. Der Engel als Dirigent des Verderbens, als sichtbare Größe für Gott, den man als Richter betrachtete und als Initiator von Pest und Pocken, Verfolgung und Plünderung, Krieg und Hunger fürchtete.
Aber dann beginnen unsere Luthermomente. Einige Zitate führen den Schülern vor Augen, wie Luther ein völlig neues Bild von Gott gewann. Z. B. aus der Vorlesung über den Römerbrief: „Da war es mir, als wäre ich ganz von Neuem geboren und durch geöffnete Türen in das Paradies eingetreten. Die ganze Bibel hatte für mich auf einmal ein anderes Gesicht erhalten. Ich durchlief sie, ..., und sammelte eine Menge ähnlicher Wendungen, wie ‘Werk Gottes’, d.h., was Gott in uns wirkt, Kraft Gottes, d.h. Kraft, durch die er uns kräftig macht, ... Je mehr ich bisher das Wort Gerechtigkeit Gottes gehasst hatte, umso lieber und süßer war es mir jetzt.” Wir lesen vom „fröhlichen Wechsel“, der Luthers Beziehung zu Gott völlig verändert hat: „Hier ist der, der genug getan hat, … hier ist meine Verteidigung. Er macht seine Gerechtigkeit zu der meinen und meine Sünde zu seiner. So bin ich frei, ...”
Den nächsten Luthermoment gibt es bei der Erklärung zum Vaterunser: „Gott will uns damit locken, dass wir glauben sollen, er sei unser rechter Vater und wir seine rechten Kinder, damit wir getrost und mit aller Zuversicht ihn bitten sollen wie die lieben Kinder ihren lieben Vater.“
Wenn ich meinen Schülerinnen und Schülern diese Vorstellung von Jesus Christus und Gott dem Vater vermitteln kann, bin ich selbst begeistert. Luthermomente, die mir zu einem fröhlichen Glauben helfen.
Roland Weyrowski, Religionslehrer am Philipp-Melanchthon-Gymnasium in Herzberg/Elster
