21.12.2022
Wohl zur halben Nacht
Ein Beitrag von Thomas Köhler
Das Lied „Es ist ein Ros entsprungen“ spricht von der „halben Nacht“. In der Nacht ist das Kind geboren. Auch für uns wird erst richtig Weihnachten, wenn es an Heiligabend dunkel wird. Die Nacht aber ist zum einen wunderbar und schön. Wenn die Sterne leuchten, haben wir ein romantisches Gefühl von Heimat und Vertrautheit. Die Nacht aber ist immer auch eine Zeit der Angst. Kinder fürchten sich vor dem Dunkel. Menschen sind in der Nacht allein. Sie haben Angst vor der Einsamkeit.
Dann ist die Nacht auch ein Symbol für alles das, was uns in unserem Leben und besonders in den Zeiten des Lebens, in denen wir uns selbst nicht sicher sind, umtreibt. Die Angst vor einem nicht gelingenden Leben. Die Angst um die Gesundheit. Die Angst, dass der Krieg sich weiter in Europa ausbreitet und zu uns kommt. Die Angst, dass wir unser Leben nicht mehr so leben können, wie wir es gewohnt sind.
Wenn das Kind „wohl zu der halben Nacht“ geboren wird, ist das mehr als nur eine Beschreibung einer Tageszeit. Es wird in die Nöte und Fragen von uns Menschen hinein geboren. Die Zusage der Engel „Euch ist heute der Heiland geboren“ – die ja den Erlöser meint – spricht genau in diese Situation der Nacht. Nicht zufällig heißt es im Adventslied „Vertreib das Dunkel unsrer Nacht“. Wenn wir Weihnachten feiern, feiern wir den, der die Nacht vertreibt und das Dunkel erhellt. Wir feiern den, der Hoffnung gibt und so Freude bringt. Möge es so sein, besonders in diesem Jahr! Möge Ihre Nacht weichen und Freude sich in Ihrem Herzen Bahn brechen. Das wünsche ich Ihnen.
Thomas Köhler ist Superintendent des Kirchenkreises Niederlausitz