19.12.2021
Was für ein Weihnachten?
Ein Beitrag von Roland Weyrowski
Wieder Weihnachten in der Pandemie … Welches Zeichen soll ich ans Ende dieses Satzes setzen? Ein Punkt würde daraus eine Aussage machen: So ist es. Ein Ausrufezeichen würde die Aussage bekräftigen: Basta! Ein Fragezeichen könnte zwar nicht die Tatsache der Pandemie anfechten, aber es fordert, dazu Stellung zu nehmen: Will ich unter diesen Bedingungen überhaupt Weihnachten feiern? Mit welcher Stimmung will ich das tun? Fragen, Antworten, Argumente und Gegenargumente reihen sich aneinander. Am Ende bleibt müde Gegenwehr: Ich will diese Diskussion nicht mehr. Ich könnte einen Doppelpunkt setzen und aufzählen, was zu beachten ist. Und was trotzdem geht. Bilder stehen vor mir: Ein Heilig-Abend-Hygiene-Konzept. Lippen, die „Stille Nacht“ in eine Maske flüstern. Unhörbare Mitsänger, die ebenfalls FFP2-gefiltert singen.
Ich probiere ein Semikolon. Das fasziniert mich seit Jahren, weil es zum Symbol des weltweiten Projekts „Semikolon“ geworden ist. Die Bewegung möchte Hoffnung und Liebe zu Menschen bringen, die an Depressionen leiden, Selbstmordgedanken haben oder sich selbst verletzen. Wer ein Semikolon setzt, hatte die Möglichkeit, den vorangegangenen Satz mit einem Punkt zu beenden, und hat sich bewusst dagegen entschieden. Wer sich der Bewegung anschließt, trägt ein tätowiertes Semikolon auf Hand oder Arm und sagt damit: Meine Geschichte ist noch nicht vorbei.
Semikolon-Weihnachten. Ich lasse mich darauf ein. Ich freue mich auf die Menschen, die ich treffen kann. Ich werde Teilnehmer einer Online-Christvesper und singe die Lieder vor dem Bildschirm – ohne Maske aber mit Leidenschaft. Ich konzentriere mich auf die Weihnachtsbotschaft. Im Kind in der Krippe kommt Gott zu uns. Er kommt als der menschgewordene Gott, der ganz menschlich und menschenfreundlich an unserer Seite sein will. So geht unsere Geschichte weiter – mit neuer Hoffnung.
Roland Weyrowski